Individuelle Gründe für ein Piercing…
… oder warum stech ich mir ein Piercing?
Piercings sind heutzutage kein Zeichen mehr von Rebellion oder der Anhängerschaft zu irgendeiner Vereinigung. Die Zeiten, in denen die kleinen Metallringe oder -Stäbe irgendjemanden schockierten sind längst vorbei. Ein Piercing zu haben ist genauso normal geworden, wie Ohrringe zu tragen oder sich die Haare zu färben. An diesem Punkt zeigt sich auch schon der allgemeine Trend auf, den die Piercingbewegung einschlägt: man möchte schön sein, seinen Körper schmücken.
Gruppenzugehörigkeit
Während Jugendliche früher mit einem Ring in der Nase nach Hause kamen, um sich von den kleinbürgerlichen Ansichten der Eltern loszusagen und um diese einmal so richtig zu schockieren, lassen sich die jungen Erwachsenen heute eher der Schönheit und Individualität Willen piercen. Dabei lassen sich die einzelnen Piercingarten fast schon verschiedenen Modestilen zuordnen. Mädchen, die großen Wert auf ihre Kleidung und ihr Make-up legen, gerne in die Disko gehen und Jungs anhimmeln, tragen meist Bauchnabel- und Nasenpiercings. Wohingegen Anhänger der so genannten EMO-Bewegung häufig mit Lippenpiercings anzutreffen sind. Raver und Technofans tragen ihren Schmuck in der Augenbraue, während die „Normalos“ unter den Jugendlichen vornehmlich gepiercte Ohren haben. Man erkennt, dass die Art von Piercing, die ein junger Mensch trägt, oft einen Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe geben soll. Gemeinschaft und Gruppengefühl sind für Teenager besonders wichtig, so dass es nicht verwunderlich ist, dass sie sich nicht nur durch einen bestimmten Kleidungsstil, sondern auch durch ihren Körperschmuck voneinander abgrenzen und einer bestimmten Gruppierung zugehörig zeigen sollen.
Schönheitswahn und Geltungsdrang?
Ein anderer etwas banalerer Grund für einen Besuch beim Piercer ist der immer krankhaftere Ausmaße annehmende Schönheitswahn, der unter der jungen Bevölkerung grassiert. Wer besonders attraktiv ist, hat viele Freunde und wird auf jede Party eingeladen. Schöne Menschen verkörpern alles Gute und Schöne für die heranwachsende Generation. Doch es reicht einfach nicht mehr, die schönsten und neusten Klamotten sowie den extravagantesten Haarschnitt zu tragen, denn diese Dinge kann fast jeder haben. Um etwas Besonderes zu sein und nicht in der Masse unterzugehen, muss man schon zu anderen Mitteln greifen.
Vor allem weil nicht alle Eltern von Minderjährigen solch einen Eingriff erlauben, sind Piercings besonders in dieser Alterklasse noch etwas Besonderes und daher heiß begehrt.
Man wird bewundert, steht im Mittelpunkt und sticht aus der grauen Masse hervor. Das entspricht ganz dem Geltungsdrang, den Jugendliche in diesem Alter meist entwickeln.
Die Ergebnisse einer Studie von der Philosophie-Doktorandin Rhea Kälin bestätigen dies:
79,8 % der weiblichen Probandinnen gaben an, mit einem Piercing ihren Köper verschönern zu wollen. Zwar wurde diese Umfrage mit Studenten durchgeführt, ihr Piercing ließen sich die Befragten allerdings meist schon im Teenager-Alter stechen.
… oder Abgrenzung?
Im krassen Gegensatz zu den bereits genannten Gruppierungen gibt es noch einige wenige Jugendliche, die sich durch ein Piercing von ihren Mitmenschen abgrenzen wollen.
Sie verachten das Verhalten und die Ansichten der Gleichaltrigen und fühlen sich meist sehr viel erwachsener und reifer als diese.
Durch den Körperschmuck möchten sie ihre exponierte Stellung unterstreichen und wählen daher meist ein Piercing, das von den Mitgliedern der „Gegengruppe“ nicht getragen wird. In der Studie von Rhea Kälin gaben rund die Hälfte aller befragten Frauen und Männer an, ihr Piercing aus Individualitätsgründen zu tragen.