Beim Piercen werden verschiedene Arten von körpereigenem Gewebe durchstochen, je nach Art dieses Gewebes ergeben sich unterschiedlich lange Abheilzeiten und eventuell auch Komplikationen. Piercing relevante Gewebearten sind: Haut, Schleimhaut, Muskel und Knorpel.
Haut:
Die Haut bildet gegenüber der Aussenwelt einen hochspezialisierten Schutzwall mit vielfältigen Aufgaben:
- Schutz vor Kälte, Hitze und Strahlung.
- Schutz gegenüber Druck, Stössen und Reibung.
- Schutz bei chemischen Schädigungen.
- Schutz vor dem Eindringen von Mikroorganismen.
- Schutz vor dem Verlust von Wasser und Wärme.
Die Haut hat einen pH-Wert von 5,7 und ist deshalb leicht sauer. Durch diesen Säureschutzmantel wirkt die Haut aktiv gegen das Eindringen fremder Keime. Die Haut hat die Möglichkeit, bestimmte Wirkstoffe zu resorbieren und sie unterstützt durch ihre Durchblutung die Regulation von Kreislauf und Körperwärme. Ganz wichtig ist auch die Funktion der Haut als das grösste Sinnesorgan des Menschen. Über die Haut nehmen wir Vibration und Schmerz wahr. Wir können tasten und empfinden Druck- und Temperaturreize. Für alle diese Empfindungen gibt es Fühler, sogenannte Rezeptoren in unserer Haut.
Zwischen den Rezeptoren für Wärme und Schmerz gibt es einen entscheidenden Unterschied. An Temperaturen kann man sich zunehmend gewöhnen, wenn das langsam geschieht. Bei Schmerzreizen ist das nur in sehr geringem Umfang möglich. Das ist auch ganz wichtig, damit der Schmerz seine Funktion als Warnzeichen behalten kann. Von aussen nach innen gesehen besteht die Haut, die auch Cutis genannt wird, aus folgenden Schichten: · Oberhaut oder Epidermis, · Lederhaut oder Corium und · Unterhaut oder Subcutis. Begrenzt wird die Haut durch die allgemeine Körperfaszie, die aus sehr festen Fasern, den sogenannten Kollagenfasern besteht. Die Haut wird bei fast allen Piercing beschädigt (Ausnahmen sind reine Schleimhautpiercings).
Knorpel:
Gehört zu den geformten Bindegeweben und besitzt die besondere Eigenschaft der Druck- und Biegungselastizität wodurch Knorpelgewebe beim Nachlassen von Druck-, Zug- und Biegungskräften seine ursprüngliche Form wiedererlangt. Knorpelgewebe ist Gefäss- und nervenfrei, die Ernährung erfolgt durch Diffusion von der Knorpeloberfläche her, d.h. er ernährt sich von dem ihn umgebenden Gewebe mit. Dadurch besitzt er eine sehr schlechte Wundheilung, da durch diese Diffusion nur wenig Nährstoffe in das durchstochene Gewebe eindringen können. Der Piercer und Kunden haben bei folgenden Körperstellen mit Knorpelgewebe zu tun: Nase und Ohr.
Muskel:
Muskelgewebe besteht aus langgestreckten Muskelzellen, ihre Hauptfunktion besteht darin, dass sich diese Muskelzellen verkürzen und Spannungen entwickeln können. Zusammen mit Muskelgewebe kommt immer Bindegewebe vor, welches am Aufbau der Muskeln beteiligt ist, die Muskeln gliedert, den Muskelzellen zur Befestigung dient und die Verkürzung des Muskelgewebes auf die Umgebung überträgt. Beim Piercen an folgenden Körperstellen wird Muskelgewebe durchstochen: Zunge, Lippe, Cheek.
Schleimhaut:
Schleimhaut ist eine Haut, deren Oberfläche stets durch einen Schleimfilm feucht gehalten wird. Schleimhäute sind meistens sehr stark durchblutet, wodurch eine gute Wundheilung bei Verletzungen gegeben ist. Schleimhäute kommen in piercingspezifischer Hinsicht an folgenden Körperstellen vor: Nase, gesamter Oralbereich (Lippe, Zunge, Lippenbändchen), teilweise Genitalbereich.